Till Eulenspiegel
Till Eulenspiegel lebte angeblich als herumstreifender Narr im 14.Jahrhundert. Laut Überlieferung wurde er 1300 in Kneitlingen bei Braunschweig geboren und starb zirka 1350 in Mölln.
Seine Streiche, die er Bürgern, Fürsten und Geistlichen spielte, sind im bekannten Eulenspiegelbuch verewigt. Till Eulenspiegels Stärke war es, die Worte seiner Gegenüber auf die Goldwaage zu legen und stets wörtlich zu nehmen.
Übrigens hat sein Nachname, der im niederdeutschen Dialekt „Ulenspegel“ hieß, nichts mit den Vögeln zu tun, sondern ist ein Wortspiel aus „ulen“ (fegen) und dem jägerdeutschen „Spiegel“ (Hinterteil).
In vielen Kulturen existiert ein Ebenbild des deutschen Till Eulenspiegels: In der Türkei heißt Eulenspiegel beispielsweise Hodscha Nasreddin, in der jüdischen Kultur ist er unter dem Namen Hersch Ostropoler bekannt.
Till Eulenspiegel verdingt sich als Koch, wird zum Kutscher und räumt das Haus.
Seine Anstellung als Koch bei einem reichen Kaufmann in Hildesheim verscherzte sich Till Eulenspiegel durch allerhand Schabernack und völlige Unkenntnis des Metiers gleich am ersten Tag. Für den nächsten Tag wurde er zum Kutscher degradiert, weil man da nicht soviel falsch machen kann. So zumindest glaubte es der Kaufmann.
„Schmiere heute Nacht die Kutsche. Und mache es gründlich“, befahl er dem Schelm. „Der Pfarrer und ich wollen morgen ausfahren und da soll die Kutsche über die holprigen Wege gleiten, wie geschmiert eben.“
Gesagt, getan. Als alle im Haus schliefen, holte Till die Wagenschmiere aus dem Schuppen, gab noch ein bisschen altes Fett aus der Küche dazu und begann die Kutsche zu schmieren. Er schmierte alles, innen und außen, wobei er sich mit hämischem Grinsen, besonders gründlich um sämtliche Sitzpolster kümmerte. Früh am nächsten Morgen spannte er die Pferde ein und schwang sich auf den Kutschbock, während der Pfarrer und der Kaufmann es sich auf den Sitzen bequem machten.
„Pfui“, schrie plötzlich der Kirchenmann und betrachtete angeekelt seine Hände. „Warum ist denn hier alles so fettig? Das ist ja widerlich“, ereiferte er sich. Jetzt bemerkte auch der Kaufmann die Schmiere all überall auf den Polstern. Mit Unheil verkündender Stentorstimme wandte er sich an seinen frisch gebackenen Kutscher: „Was, zum Teufel, ist hier los? Was hast du getan, Till?“ Unbekümmert erwiderte der Schelm: „Ich habe nur ausgeführt, was Sie mir aufgetragen haben, nämlich die Kutsche gründlich zu schmieren, damit der Herr Pfarrer eine möglichst angenehme Reise haben werde.“
Rot vor Zorn über diese Flegelei brüllte der Kaufmann: „Das reicht! Du bist entlassen, du ungehobelter, unverschämter Narr! Der Pfarrer und ich werden uns reinigen und umziehen. Unsere Reise werden wir anschließend ohne dich antreten. Du gehst mir jetzt besser aus den Augen und räumst sofort das Haus.“
Genau das machte Till nun auf der Stelle. Er lief ins Haus und begann im Schweiße seines Angesichts Tische, Stühle, Bänke, Kommoden, Regale, Bücher, Silberleuchter, Kerzen und Bilder auf die Straße zu schleppen. Die Nachbarn beobachteten das Treiben und wunderten sich sehr.
Plötzlich, Till war gerade damit beschäftigt, weitere Bilder von der Wand zu nehmen, stand der Hausherr frisch geduscht und duftend mit verzerrtem Schreckensgesicht im Hausflur. „Das ist aber eine mächtig anstrengende Aufgabe, die Sie mir da aufgetragen haben“, rief Till ihm zu. „Den Schrank da, kann ich nun wirklich nicht alleine tragen. Können Sie mir damit vielleicht mal eben helfen und kurz mit anpacken?“ „Hau ab“, krächzte der Hausherr. °Hau bloß ab!“ „Da haben Sie recht. Gute Idee! Das ich da nicht selber draufgekommen bin. Wenn ich von dem Schrank ein paar Teile abhaue, wird er leichter zu tragen sein.“ sagte Till und griff nach der Axt.
„Hör auf“, stöhnte da der Kaufmann. „Geh jetzt bitte. Ich zahle dir auch 5 Gulden. Nur verlasse mein Haus bitte sofort.“ „Gut“, freute sich Till Eulenspiegel, nahm seinen Lohn und begab sich schleunigst auf den Weg zu neuen Schelmereien. Unter dem schallenden Gelächter der Nachbarn schleppte der Kaufmann seinen Hausrat von der Straße zurück an seinen angestammten Platz.


